Information – Exformation
Projektbeschreibung:
1. Einleitung
Seit 20 Jahren arbeite ich mit geistig behinderten Menschen im Kreativkurs für Behinderte.
Gemeinsam mit dem Bildhauer Walter Angerer und dem Maler Andreas Fiala und später mit der Kunst und Kulturmanagerin Carola Fekete-Kaiser betreue ich diese Gruppe.
Unser Anliegen war und ist nicht Beschäftigungstherapie sondern die Förderung des kreativen Potentials dieser Menschen.
Viele Gruppenmitglieder sind seit 20 Jahren ununterbrochen in diese Arbeit eingebunden.
Das erstaunlichste an dieser Arbeit ist ihre Unveränderlichkeit, die Tatsache, dass immer wieder das gleiche Thema verarbeitet wird, das gleiche Bild entsteht.
Im persönlichen Erleben als beteiligter Künstler ist dies eine verblüffende Tatsache, die durchaus einige Fragen in Richtung Stil in der Kunst aufwirft.
Diese Unveränderlichkeit, oder auch Begrenzung auf ein Thema wurde für mich derartig interessant, das ich beschloss, einen Selbstversuch durchzuführen, um zu ergründen, ob der Seinszustand, den diese Bilder ausdrücken, durch Begrenzung meiner eigenen Maltechnik und auch des Themas, am eigenen Leib, der eigenen Psyche erlebbar wird.
2. Waagerecht und Senkrecht
Nach längeren Gesprächen mit meinem Künstlerfreund Heinz Meisnitzer beschloss ich nurmehr Bilder in einer festgelegten Art und Weise zu malen.
Ich entschied mich für eine Spachteltechnik, um von Vornherein alle Pinselführungen und intellektuellen Ausbruchsversuche zu stoppen.
Mit dieser Technik sollten nur waagerechte und senkrechte Texturen entstehen.
Der Zeitrahmen für diese Selbstauferlegte Begrenzung sollte ein halbes Jahr betragen und in dieser Zeit ca. 2000 Bilder und Blätter entstehen.
Also begann ich auf Leinwand, Pappe und Papier in dieser Technik zu malen.
Es entstanden in schneller Folge Bilder in den verschiedensten Formaten.
Von 25×30 cm bis zu 2×2 Metern.
In vielen intensiven Ateliergesprächen versuchte ich die Wirkung dieser Arbeit auf mich und Andere zu ergründen um ihre Tragweite zu begreifen.
Nach 3 bis 4 Monaten wurde mein psychischer Zustand bedenklich.
Ich glaube durchaus, das in dieser Phase der Arbeit Teile meiner Psyche sehr gut ahnen konnten, wie es sein muss, mit einer Behinderung zu leben, auch wenn ich mir ständig darüber im Klaren war, „nur“ einen Selbstversuch zu machen.
Zu dieser Zeit sah keine Möglichkeit, das Experiment abzubrechen, ohne das Gefühl des Scheiterns und der Feigheit vor mir selbst zu haben. Hatte aber auch keine Idee, wie ich dieses Projekt weiterentwickeln sollte.
Mir wurde klar, dass ich durch diese Gitter – die waagerechten und senkrechten Texturen – durchbrechen musste, um herauszufinden, was dahinter ist.
Mit Hilfe meditativer Techniken und Traumkörperarbeit versuchte ich das „Dahinter“ zu ergründen. Es war ein unendlich tiefer Abgrund, in den hineinzuspringen die einzige Lösung war.
Da mir dieser Abgrund aus meiner schamanischen Arbeit sehr vertraut ist, wagte ich den imaginativen Sprung und fand mich im Reich der „Information“ wieder.
Bilder zu Information-Exformation
3. Informationsvernichtung, Informationsverdichtung
In einem luziden Traum sah ich eine ungeheuere Menge von Informationen. Hinter diesen Gittern und fand gleichzeitig die Aufforderung zur Informationsvernichtung.
Daraufhin begann ich mit der Übermalung von „Informationen“.
Zeitungen, Zeitschriften, Werbeprospekte etc. wurden Opfer dieser Arbeit.
Bis jetzt habe ich ca. 1500 Seiten der verschiedensten Druckwerke mit der waagerecht und senkrecht Methode übermalt.
Immer mehr wurde mir dabei bewusst, dass diese „Informationen“ nur weißes Rauschen sind.
Informationen, die nur dazu dienen Meinung zu bilden, aber kein Wissen.
Eine Art informativer Umweltverschmutzung, die in der ungezügelten Verplakatierung der Landschaft ihr deutlichstes Zeichen setzt.
Wieder kam es zu heftigen Diskussionen über den Begriff der Informationsvernichtung.
Anklänge an Bücherverbrennungen wurden ebenso diskutiert wie die Tatsache der Unzerstörbarkeit der Information.
Dennoch blieb ich besessen von dieser Arbeit und verarbeitete Zeitung auf Zeitung, bis sich der Begriff der Informationsvernichtung wandelte.
Hilfreich waren mir dabei auch Prof. Arnold Keyserling und die Tatsache, das bei vielen Übermalungen Fragmente der ursprünglichen Information erhalten blieben, die oft einen völlig neuen Zusammenhang ergaben.
4. Exformation
Es entstand der Begriff der Exformation als Gegenstück zur Information.
Exformation bedeutet in meiner Diktion, das eigene Wissen und die Erinnerung zu durchforsten, Herausfiltern der Teile, die wirkliches Wissen sind und Trennung dieser Teile von bloßer Meinung.
Wir haben mittlerweile zu fast allem eine Meinung.
Dies gilt sogar als eine besondere Leistung, dies wird deutlich bei Begriffen wie „Meinungsbildung“, „Meinungsfreiheit“ etc.
Wo aber bleibt hier das Wissen? Gibt es auch eine Wissensbildung, eine Wissensfreiheit?
So hat sich der Selbstversuch Schrittweise vom Erleben der eigenen Begrenzung, über die Behinderung durch „Information“ zur Exformation gewandelt.
Meine Blätter sind für mich jetzt der Ausdruck dieses Prozesses. Durch die Übermalungen in einer einfachen, immer gleichen Technik, versuche ich für mich zu klären: Was ist mein Wissen, woher und warum beziehe ich Meinungen und was ist deren Wert.
Ich werde diese Arbeit weiterführen, um diesen Prozess transparenter und öffentlich zugänglicher zu machen, da die mediale Überflutung durch Werbung und Meinungsmache den Zugang zum Wissen blockiert und vernebelt und längst öffentlich diskutiert werden sollte.
Ich hoffe, Ihr Interesse geweckt zu haben und freue mich auf einen Diskussionsbeitrag.
siehe auch www.exformation.at